Dienstag, 23. August 2011

Lehren und Lernen im 21. Jh. - kennen wir die Möglichkeiten?

[ursprünglich veröffentlicht am 29.05.2009 von Prof. Dr. Wolfgang Schumann]

Angesichts der täglichen und – seit es Twitter gibt – minütlichen Nachrichten über neue Web 2.0-Anwendungen und Dienste, die uns Lehren und Lernen erleichtern helfen sollen, kommt irgendwann der Punkt, wo man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht oder, anders ausgedrückt, die grundlegenden Veränderungen des Webs in den letzten fünf, sechs Jahren und deren Implikationen aus dem Auge verliert. Das vorliegende Posting versteht sich als Versuch, wieder einmal daran zu erinnern.

Zentrale Lernhemmnisse in der Vergangenheit

Wie dramatisch, ja revolutionär diese Veränderungen sind, wird in eindrücklicher Weise deutlich, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass der Alltag im Umgang mit Wissen, Forschung und Lernen jahrtausendelang durch drei zentrale Probleme geprägt war.
  • Erstens die mangelnde Verfügbarkeit von Wissen, das nur einem kleinen Kreis zugänglich und weit über den Erdball verteilt war. Das hat übrigens noch meinen Arbeitsalltag in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geprägt. Ich habe damals jedes Jahr für  einen Sammelband über die Europapolitik Irlands und Dänemark berichtet und die wichtigsten Ereignisse im Referenzzeitraum zusammengefasst und analysiert. Um alle notwendigen Informationen, insbesondere aktuelle Entwicklungen betreffend zu beschaffen, war jedes Mal ein mehrtägiger Besuch im Bundespressearchiv in Bonn  erforderlich!
  • Zweitens die Tatsache, dass die Experten zu den verschiedenen Themengebieten und Gegenstandsbereichen - und dazu gehörten und gehören durchaus nicht nur Wissenschaftler - weit über den Globus verstreut waren. Kommunikation, von regelmäßigem intensiven Wissensaustausch ganz zu schweigen, war vor diesem Hintergrund unmöglich oder doch zumindest außerordentlich schwierig.
  • Drittens schließlich - und vielleicht am gravierendsten - die Sprachbarriere.

Lehren und Lernen im Wunderland

Und nun vergleichen Sie das mit der heutigen Situation. Das Web ist zum zentralen Repositorium menschlichen Wissens geworden, das jedem per Mausklick 24 Stunden am Tag zur Verfügung steht. Man muss nur, wie die regelmäßigen Leser des agora-wissen-Blogs, wissen, wie man dort recherchiert.

Eine weltweite Kommunikation und intensive Zusammenarbeit  zwischen Menschen, die sich intensiv für eine Materie interessieren, und sei es auch in der kleinsten Nische und in einem noch so exotischen  Fachgebiet, ist ohne jegliche Probleme möglich. Sie können heutzutage in einem geografisch weltweit verstreuten Team so intensiv kooperieren, als ob Sie im gleichen Büro säßen. Man muss nur wissen, dass es entsprechende Dienste gibt und die Fähigkeit besitzen, sie zu benutzen.

Diese enge weltweite Kooperation wird heutzutage auch nicht mehr in gleichem Maß durch die Sprachbarriere behindert. Es ist möglich, in Sprachen zu recherchieren, deren Schriftzeichen, wie beispielsweise beim Chinesischen oder Arabischen, Ihnen wie Hieroglyphen anmuten, und seit einigen Tagen kann ich von meinem webbasierten E-Mail-Programm, Gmail, aus mit einem Mausklick Nachrichten aus allen  möglichen Sprachen - der Screenshot zeigt eine Mail in Russisch - ins  Deutsche oder Englische übersetzen.

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Das bedeutet, dass ein Schriftwechsel mit einem japanischen oder russischen Kollegen möglich ist, ohne dass der eine die Sprache des anderen versteht. Während wir bei einem  realen Treffen also auf Zeichensprache angewiesen wären, können wir  über das Web kommunizieren. Man muss nur die Adresse von Google Translate oder dem Microsoft Translator kennen oder wissen, dass die automatische Übersetzungsfunktion in Gmail unter “Settings” – “Labs” – “Message Translation” aktiviert wird.

Aber kennen unsere Schüler, Lehrer, unsere Professorinnen und Studierenden diese Möglichkeiten und nutzen sie sie?

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